Bei der Lufthansa wurde der Streit geschlichtet, bei der AUA in Wien bleiben die Maschinen am Boden. Während man bei der Mutter im Konflikt um einen Tarif für 25.000 Beschäftigte am Boden am Mittwochabend eine Lösung fand, stehen die Zeichen bei der Tochter auf Sturm. Bis 29. März, zwölf Uhr mittags fallen angesichts der Streikdrohung 400 Flüge aus. 50.000 Fluggäste müssen sich nach alternativen Reisemöglichkeiten umsehen.

Vida-Gewerkschafter Roman Hebenstreit beteuerte im Ö1-Morgenjournal, dass ihm die Situation sehr leidtue, er wolle sich "aufrichtig" bei den Fluggästen entschuldigen. Vom gewerkschaftlichen Mantra, die AUA habe die Belegschaft "in die Maßnahme gezwungen", rückt der Vida-Boss nicht ab. Die Positionen sind nach 17 Verhandlungsrunden verhärtet. Beide Seite pochen darauf, man sei gesprächsbereit, die jeweils andere Partei müsse sich nun bewegen. Sie "hätte noch niemand angerufen", sagte AUA-Chefin Annette Mann im ZiB 2-Interview spitz. Was das Angebot der Arbeitgeber betrifft, so bleibt die Gewerkschaft dabei: unattraktiv, ja unakzeptabel.

Passagiere vor einen AUA-Logo am Flughafen Wien-Schwechat.
Wenn die Flugzeuge auf dem Boden bleiben, haben auch Passagiere Stress.
APA/ROBERT JAEGER

Die Gewerkschaft will einen Gehaltsabschluss über der Inflation, das Angebot der AUA von bis zu 18 Prozent mehr für Flugbegleiter sowie Piloten und bis zu 28 Prozent für Co-Piloten beziehe sich auf zwei Jahre, wird kritisiert. Es geht um die Gehälter von rund 2.500 Flugbegleitern und 1.000 Piloten und Pilotinnen. Co-Piloten verdienen beim Einstieg monatlich gut 4.900 Euro brutto, Flugbegleiter steigen mit 2.220 Euro brutto aus.

Was die Arbeitnehmervertreter besonders wurmt: Eingerechnet in das gebotene Gehaltsplus ist eine mögliche Bonuszahlung, die es nur dann gibt, wenn die AUA eine Rendite von acht Prozent erreicht. Das wird von Fachleuten als eher unrealistisch angesehen. Die AUA hat zwar ihre Gewinnmarge zuletzt auf 5,5 Prozent verbessert, die Swiss ist allerdings doppelt so profitabel. Sie zählt mehr lukrative Businesskunden zu ihrer Klientel, die AUA befördert viele Touristen. Ein Segment, das auch die Billigkonkurrenz beackert. Zudem besteht bei der AUA hoher Investitionsbedarf, um die teils in die Jahre gekommene Flotte durch neue Maschinen zu ersetzen. Letzteres führt auch AUA-Chefin Mann ins Treffen.

Weniger Gehalt

Was sie nicht gelten lässt, ist das Argument der Vida, dass Kollegen bei der Lufthansa im Schnitt um 40 Prozent mehr verdienen würden. Das weist sie als "Behauptung von der Gewerkschaft" zurück. Falsch ist das nicht, ganz richtig aber auch nicht. Denn angesichts der gewachsenen Strukturen ist die Lage komplex, erklärt der deutsche Luftfahrtexperte Christoph Brützel. "Im Lufthansa-Konzern gibt es einerseits Tarifverträge für noch im vergangenen Jahrhundert eingestelltes Personal, die bis zu 40 Prozent über denen liegen mögen, die bei AUA für zu aktuellen Bedingungen eingestelltes Personal gezahlt werden. Vermutlich gibt es aber auch bei AUA noch Personal mit Besitzständen auf höhere, historische Vergütungsansprüche." Anders gesagt: Ja, den Gehaltsunterschied von 40 Prozent kann es geben. Die Regel ist er nicht.

AUA-Mitarbeiter am Flughafen Schwechat.
Die AUA-Mitarbeiter würden viel weniger verdienen als die Kollegen und Kolleginnen bei der Mutter Lufthansa, argumentiert die Gewerkschaft Vida.
APA/ROBERT JAEGER

Brützel verweist auf Lufthansa-Töchter wie Eurowings, die in erster Linie gegründet worden sei, um für den Konzern günstigere Bedingungen zu realisieren – oder anders gesagt, die Personalkosten zu drücken. "Selektive konzerninterne Vergleiche" würden da wenig Sinn machen, argumentiert auch er. Ertragskraft und Erlösstärke seien bei Fluggesellschaften recht volatil. Das würde für Einmalzahlungen sprechen. "Nicht nachhaltig", findet die Gewerkschaft, da müsse mehr gehen.

"Absolut unrealistisch" kontert Annette Mann in der ZiB 2 und zeichnet Schreckensszenarien. Ginge man auf die Forderungen ein, "wird die AUA in ihrer jetzigen Form keine Zukunft haben". 60 Prozent der Strecken wären dann wohl nicht mehr profitabel, deutet sie an. Die Kosten für die Flugstreichungen, eingerechnet frühere Betriebsversammlungen, beziffert sie mit 24 Millionen. Mann will sich am Donnerstag um elf Uhr zur aktuellen Lage äußern.

Luftfahrtfachmann Cord Schellenberg sagt: Streiks seien schlecht für das Image einer Airline. Das schade dem gesamten Luftverkehrssystem. In Europa würden die Fluggäste zu Lufthansa und AUA auch nach Streiks zurückkommen, aber Langstreckenreisende, die zwangsweise zur Konkurrenz wechseln würden, könnten auf den Geschmack kommen. Er rät: "Weniger Symbolik durch Streiks, mehr Hartnäckigkeit in den Verhandlungen, mehr an die Kunden denken." (Regina Bruckner, 27.3.2024)