Sie sind spezialisiert, arbeiten in ehemaligen Monopolbetrieben, wenn sie die Arbeit aussetzen, spüren das viele Menschen: Piloten und Lokführer haben in Streiks gute Karten. Das ist auch einer der Gründe dafür, warum sie ihren Forderungen in Lohnverhandlungen gut zum Durchbruch verhelfen können, notfalls per Streik. So ist es kein Zufall, dass die befürchtete Herbstlohnrunde in Österreich zu keiner echten Streikwelle geführt hat, aber nun der Konflikt beim AUA-Bordpersonal eskaliert. Während im klassischen Industriebetrieb nur Partnerfirmen einen Streik spüren, ist ein Airline-Streik gleich eine öffentliche Angelegenheit, "weshalb die Gewerkschaft einen größeren Hebel hat", sagt der Soziologe Jörg Flecker von der Uni Wien.

Wichtiger ist aber, dass Piloten wie Lokführer kaum zu ersetzen sind, zumindest nicht schnell. Eine Eisenbahn kann auch nicht ins Ausland verlagert werden. Die Macht der Gewerkschaften bei diesen Berufsgruppen ist laut Soziologin Susanne Pernicka der Grund, dass in Deutschland Lokführer und Piloten gewerkschaftlich eigenständig organisiert sind, in Form der GDL (Bahn) und der Vereinigung Cockpit (Piloten). Eine solche Abspaltung existiert in Österreich nicht. Davon profitieren Beschäftigte in verwandten Berufsgruppen, sagt Pernicka. Da bei der AUA das gesamte Personal von derselben Gewerkschaft (Vida) vertreten wird, besteht das Interesse an nah beisammen liegenden Abschlüssen.

AUA-Mitarbeiter vor Beginn einer Betriebsversammlung des Betriebsrates Bord und der Gewerkschaft Vida Anfang März.
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In Deutschland haben zuletzt nicht die Piloten, sondern die Lokführer ihre Macht demonstriert. Die GDL hat erst diese Woche eine Einigung über Tariflöhne für ihre 40.000 Beschäftigten erzielt. Neben einer Einmalprämie und Lohnsteigerungen wird die von der Bahn angebotene Arbeitszeit ab 2026 von 38 auf 35 Stunden bis 2029 absinken, und das bei vollem Lohnausgleich. Lokführer, Schaffner und andere Beschäftigte in Schichtarbeit bekommen eine 35-Stunden-Woche, wenn sie wollen. Die GDL hatte heftig für den Abschluss gekämpft und Deutschland mit einer Streikwelle überzogen.

Doch die Unruhe in Deutschland ist größer: So tobt ein Tarifstreit beim Flughafensicherheitspersonal, ebenso in diversen öffentlichen Nahverkehrsbetrieben. Hier dürfte der verbreitete Fachkräftemangel eine Rolle spielen, die Gewerkschaften haben ein "neues Selbstbewusstsein", sagen Experten wie Thorsten Schulten von der deutschen Hans-Böckler-Stiftung. Tatsächlich war Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten von Lohnzurückhaltung geprägt, offenbar wollen Gewerkschaften das in gewissen Branchen ausgleichen. Die deutschen Reallöhne sind im vergangenen Jahr lediglich um 0,1 Prozent gestiegen, in Österreich soll das Plus wohl drei bis vier Prozent betragen. (András Szigetvari, 28.3.2024)