Niklas Kern eröffnet heuer den Wiener Opernball. Er lebt mit acht anderen Menschen in einer WG. Zusammenwohnen mache einfach mehr Spaß, findet er.

Niklas Kern in seinem Zimmer, das er seit 2019 sein Eigen nennen darf. Hier möchte er bleiben.
Lisi Specht

"Hier sitz ich gern, um mich zu entspannen, um Musik zu hören. Am liebsten Bach, Haydn, Mozart. Aber ich mag auch zeitgenössische Musik wie zum Beispiel Pop oder Volksmusik – die Edlseer! Das finden die meisten ganz schrecklich. Ich mag die aber, ich bin ein riesengroßer Fan. Außerdem spielen wir alle ein Instrument. Mein Papa ist Musiker, er spielt Trompete, meine Mama spielt Cello, ich selbst spiele auch Trompete.

Niklas Kern Wohngespräch
In der Wohngemeinschaft regelt ein Zeitplan, wer wofür verantwortlich ist.
Lisi Specht

Tanzen ist mir auch sehr wichtig. Ich tanze schon, seit ich sieben Jahre alt bin: Jazz, Hip-Hop, Modern Dance – und seit kurzem auch Walzer. Ich bin Mitglied im Verein Ich bin O.K., das ist ein Tanzverein für Menschen mit und ohne Behinderung, da tanzen auch ein paar Freunde und Freundinnen mit Down-Syndrom mit, so wie ich. Und als ich gesehen hab, dass zwei Freunde von mir 2019 den Opernball miteröffnet haben, der Simon und die Maria, da hab ich mir gedacht: Das will ich auch mal machen! Seit Jänner schon trainieren wir voll viel. Linkswalzer ist ziemlich schwer, das mit dem Einkreuzen mach ich zwar schon ganz gut, aber es ist schon schwer. Ich denke mir immer: Auch wenn etwas schwierig ist, muss man es trotzdem machen, denn das Üben ist schon wichtig, das hält einen fit. Jetzt ist es bald so weit. Am Donnerstag eröffne ich den Wiener Opernball mit meiner Tanzpartnerin Fiona Wolf, einer Dame mit Down-Syndrom. Da werden dann urviele Leute und auch alle Präsidenten der Welt zuschauen. Wir sind schon ganz aufgeregt.

Niklas Kern Wohngespräch
Für eine eigene Katze fehlt derzeit die Zeit, dafür gibt es eine kleine Sammlung an Schleich-Tieren im Bad.
Lisi Specht

Ich wohne hier in einer WG, in der wir zu neunt leben. Es gibt fünf Menschen mit Behinderung und vier Menschen ohne Behinderung, insgesamt hat die Wohnung 300 Quadratmeter. Mein Zimmer hat 20 Quadratmeter, ich hab auch ein eigenes Bad. Und das Beste ist: Mein Zimmer liegt direkt neben der Küche, weil ich koche und esse für mein Leben gern. Meine Lieblingsgerichte sind Spaghetti bolognese, vegetarische Lasagne und überhaupt Gemüse in allen Varianten.

Wir essen oft gemeinsam, wir plaudern viel, und wir helfen uns im Alltag. Aber eigentlich sind wir hier eh ziemlich selbstständig. Es gibt einen Zeitplan, wer was wann tun muss: Frühstück zubereiten, Mittagessen oder Abendessen kochen, aber auch putzen und staubsaugen. Auf meiner Zimmertür hängt ein Zettel: 'Am Donnerstag sauge ich Küche, Speis und Wohnzimmer.' Ist eine Erinnerung, weil ich das oft vergessen hab. Ist aber wichtig, weil wenn viele Leute zusammenwohnen, dann wird's schnell schmutzig.

Niklas Kern Wohngespräch
Eine Erinnerung an seine Aufgaben in der WG hat Niklas Kern sich auf die Zimmertür geklebt.
Lisi Specht

Ich mag mein Zimmer. Und ich mag die WG. Meine Freundin, die Maria, wir sind schon seit acht Jahren zusammen, wohnt noch bei ihren Eltern, das ist ganz was anderes. Aber ich sehe meine Eltern ja eh oft. Nur meine zwei Katzen vermisse ich – die weiße Perserkatze, der Moonie, zum Glück ist mein Bruder ein guter Ersatzpapa für den Moonie, und der graue Kater, der Marbel, der fehlt mir auch, aber der ist uns vor ein paar Jahren weggelaufen. Ich hätte den Moonie gern bei mir, aber seit 2016 arbeite ich als Kellner am Badeschiff, und das Tanztraining braucht auch viel Zeit. Da würde kaum noch Zeit bleiben für ein Haustier. Das geht nicht.

Niklas Kern Wohngespräch
Sein Zimmer ist 20 Quadratmeter groß und verfügt über ein eigenes Bad.
Lisi Specht

Eingezogen bin ich am 1. November 2019. Das war echt lustig. Mein Zimmer war nämlich schon fertig, manche Möbel wie das Bett und den Schreibtisch hab ich ganz allein ausgesucht, doch am Anfang war nicht einmal noch die Küche fertig. Die ersten Tage haben wir am Boden gesessen und haben Pizza und chinesisches Essen bestellt. Im Badezimmer hab ich eine kleine Sammlung an Schleich-Tieren. Die schauen so richtig echt aus! Eine Katze ist nicht dabei, aber die brauch ich nicht, ich hab ja eh den Moonie.

Du fragst manchmal, was man sich für die Zukunft wünscht. Ich wünsch mir, dass ich hierbleiben kann. Ich mag die Wohnung, ich mag uns alle, die hier wohnen, ich hab hier viele Freunde gefunden. Ich finde, Zusammenwohnen macht einfach mehr Spaß. Sonst passt alles." (PROTOKOLL: Wojciech Czaja, 5.2.2024)