Ein Büro, am Tag nach einer Weihnachtsfeier. 
Eine Weihnachtsfeier ist Arbeit. Zumindest, wenn es um die Regelungen zu sexueller Belästigung geht.
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Es ist lustig. Und dann plötzlich nicht mehr. Wenn der Kollege mit einem Spruch über den kurzen Rock einer Kollegin für einen Lacher in der Runde sorgen soll, wenn der Chef zum After-Weihnachtsfeier-Drink in einem anderen Lokal drängt, wenn beim Plaudern ein Mitarbeiter plötzlich die Hand auf den Hintern seiner Kollegin legt.

Auch wenn es zu späteren Stunde gern vergessen wird: Weihnachtsfeiern sind ein Arbeitskontext. Kommt es dort zu sexueller Belästigung, greift das Gleichbehandlungsgesetz. "Es geht nicht ums Flirten, es geht auch nicht darum, dass man sich am Arbeitsplatz oder bei einer Feier verliebt, was ja durchaus vorkommt", sagt Sandra Konstatzky, Leiterin der Gleichbehandlungsanwaltschaft. Worum es aber sehr wohl gehe: wenn Mitarbeiter:innen das Gefühl haben, nicht Nein sagen zu können und fürchten müssen, dass ihnen bei einer Zurückweisung ein beruflicher Nachteil entstehen könnte.

Nicht auf Augenhöhe

Bei Weihnachtsfeiern passieren oft Übergriffe, sagt Konstatzky. "Verbale Übergriffe können bei einer lockeren Stimmung schon mal leichter über die Lippen kommen als im Büroalltag." Einladungen und Flirten sind dann ein Problem, wenn das nicht auf Augenhöhe stattfindet, sagt Konstatzky. Trotzdem können Übergriffe auch von Kollegen und nicht nur von Chefs kommen. Auch durch Kolleg:innen können sich unangenehme berufliche Folgen ergeben.

An einen Fall kann sich Sandra Konstatzky noch besonders gut erinnern: Ein Vorgesetzter fragte auf einer Weihnachtsfeier einen Mitarbeiter, ob er nicht seine Sekretärin "haben will". Auf einer privaten Feier, was eine Weihnachtsfeier nicht ist, kann man dagegen nichts unternehmen. Es ist zwar moralisch verwerflich, es ist aber nicht gesetzlich geregelt. Im privaten Bereich greift nur das Strafrecht, und das gilt erst, wenn es einen körperlichen Übergriff gibt. Im Arbeitskontext sind hingegen auch verbale Übergriffe durch das Gleichbehandlungsgesetz geregelt, und man kann sich an die Gleichbehandlungsanwaltschaft wenden.

Übergriffe als Platzverweise

Doch auch bei Firmenweihnachtsfeiern reichen Übergriffe über verbalen Sexismus hinaus. "Der Grapscher ist auch auf Weihnachtsfeiern ein klassisches Thema", sagt Konstatzky. Ist vielen Menschen womöglich gar nicht bewusst, dass eine Firmenweihnachtsfeier nicht privat ist? "Vielleicht ist manchen nicht zu jedem Zeitpunkt klar, dass es sich auch bei so einer Feier um ein Arbeitsumfeld handelt", meint Konstatzky. Fast immer verstehe man aber, was ein Übergriff ist. "Das ist Männern sicher genauso klar wie Frauen, eventuelle finden manche aber, dass Frauen 'zur Verfügung' stehen sollten."

Verbale sexualisierte Übergriffe seien Platzverweise, sagt die Juristin. Passiert so etwas auf Feiern oder auch im Büroalltag sei das Ausdruck einer Unternehmenskultur, in der Gleichbehandlung keinen Platz habe. Deshalb greift das Gleichbehandlungsgesetz hier ein. Die Arbeitgeber:innen sind somit in Fällen von Übergriffen und Sexismus dazu verpflichtet, "Abhilfe" zu leisten, wie es im Gleichbehandlungsgesetz heißt, und dass klargemacht wird, dass Übergriffe nicht geduldet werden.

"Es ist wichtig, dass ein Unternehmen eine Kultur der Gleichstellung organisiert", sagt Konstatzky. Auch bei Weihnachtsfeiern. (Beate Hausbichler, 14.12.2023)