Siliziumsubstrat für Superspiegel für genaue Messungen
Für die Superspiegel wurde Siliziumsubstrat (Bild) verwendet. Die violette Farbe entsteht durch die Basisbeschichtung.
Valentin Wittwer

Es ist ein Kooperationsprojekt, das die Grenzen des Möglichen bei enorm exakten Messungen von Gasen erweitert: Ein Forschungsteam der Universität Wien arbeitete mit dem Industriepartner Thorlabs Crystalline Solutions im kalifornischen Santa Barbara (USA) zusammen und konnte nun erstmals einen "Superspiegel" für den mittleren Infrarotbereich (MIR) herstellen. In dem Hightech-Messgerät können durch Spektroskopie etwa kleinste Spuren an Treibhausgasen optisch nachgewiesen werden.

Dafür braucht es Spiegel, die Licht möglichst verlustfrei reflektieren. In einigen Frequenzbereichen erreichte man bereits zuvor erstaunliche Werte, nicht jedoch im mittleren Infrarotbereich. Den neuen Meilenstein präsentierte das Team im Fachmagazin "Nature Communications".

Mit speziellen Beschichtungen können heutzutage richtige Hochleistungsspiegel hergestellt werden. Dank neuartiger Metallspiegel geht im sichtbaren Wellenlängenbereich im Durchschnitt nur eines von 100 Lichtteilchen verloren. Im nahen Infrarotbereich schafft man es, diesen Wert noch deutlich weiter nach unten zu schrauben: Hier beträgt der Photonenverlust nur noch drei von einer Million. Das entspricht einem Reflexionsvermögen von 99,9997 Prozent, wie es am Mittwoch in einer Aussendung der Universität Wien heißt.

Ähnliche Stoffe unterscheiden

Im mittleren Infrarotbereich – darunter versteht man in der Regel Frequenzen von 2,5 bis zehn Mikrometer (millionstel Meter) – war man von solchen Werten allerdings noch etwas entfernt. Die besten bisherigen MIR-Spiegel verlieren laut den Wissenschafterinnen und Wissenschaftern in etwa eines von 10.000 Photonen. Das erscheint wenig, sei aber eine Einschränkung für das besonders exakte Messen von kleinsten Spuren von Gasen wie Kohlenmonoxid oder die Analyse diverser anderer Verbindungen.

Salopp ausgedrückt, verraten viele Moleküle ihre Anwesenheit in einem Gasgemisch dadurch, dass sich die Frequenzzusammensetzung durch die Wechselwirkung der Photonen mit den Stoffen auf charakteristische Weise minimal verändert. Der mittlere Infrarotbereich ist besonders interessant, da dort auch Unterschiede zwischen einander relativ ähnlichen Molekülen gemessen werden können.

Genauere Datierungen und Laser

An der Verbesserung von MIR-Spiegeln arbeitet am Christian-Doppler-Labor für Mid-IR Spektroskopie und Halbleiteroptik an der Fakultät für Physik der Universität Wien das Team um Oliver Heckl und die beiden Studien-Erstautoren Gar-Wing Truong und Lukas Perner zusammen mit dem Industriepartner Thorlabs Crystalline Solutions. Gegründet wurde das Unternehmen vor einigen Jahren als Spin-off der Uni Wien unter dem Namen Crystalline Mirror Solutions (CMS).

Halbleiterstrukturen, die dem Superspiegel zugutekommen
Auch die hier gezeigten hochreflektiven kristallinen Halbleiterstrukturen sind essenziell für die neuen Spiegel. Die runden Scheiben werden auf das Substrat gegeben, so entsteht ein Superspiegel.
Georg Winkler

In der aktuellen Arbeit konzentrierten sich die Forscherinnen und Forscher auf die Verbesserung von Spiegeln, die mit speziellen, besonders regelmäßigen Kristallstrukturen beschichtet sind. Diese sorgen für sehr gute Reflexion. Neben dieser Herangehensweise beschritt man auch neue technologische Wege: So entwickelte man ein Beschichtungsverfahren, bei dem die kristalline Schicht auf Halbleitermaterialien aufgebracht wird. Mit diesem "hybriden" Verfahren erzielten die Fachleute die besten Resultate, wie sie in ihrer Arbeit darlegen.

So habe man nun einen neuen Rekord bei der Absorptionsrate erreicht. Der Verlust der Photonen betrage nur noch acht von einer Million Lichtteilchen, wie Analysen zeigten. Das entspricht einer Reflektivität von 99,99923 Prozent, hält das Team fest, das in dem Zusammenhang von einem "Superspiegel" spricht.

Auch andere Gebiete profitieren von dem beachtlichen Fortschritt. So könne die Technologie bei Industrielasern angewandt werden, die Produkte schneiden und schweißen. Fächer wie Medizin und Archäologie können sie sich ebenfalls zunutze machen. Durch die Superspiegel ließen sich etwa Radioisotopen nachweisen, per Radiokarbonmethode könnte das Alter von historischen und prähistorischen Proben noch besser bestimmt werden. (APA, red, 7.12.2023)