Nirgendwo bleibt der Aufzug häufiger stecken als in Hollywood. Regelmäßig müssen sich Menschen in Filmen aus steckengebliebenen Aufzügen befreien. Kein Wunder also, dass das Gefangensein in der engen Kabine für viele auch abseits von Film und Fernsehen ein absolutes Albtraumszenario ist. Noch einmal ungemütlicher könnte die Situation aber werden, wenn es sich nicht um ein rasch behebbares Problem eines einzelnen Aufzugs handelt, sondern sämtliche Aufzüge des Landes auf einen Schlag stillstehen, weil die Stromversorgung zusammengebrochen ist.

Wer in einem Krankenhaus feststeckt, wird im Fall des Falles wohl schneller befreit, als in einem Wohnhaus.
Wer in einem Lift im Krankenhaus feststeckt, wird im Fall des Falles wohl schneller befreit, als in einem Wohnhaus.
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Blackout wird ein solcher Umstand seit einigen Jahren genannt, und besonders in den Wintermonaten wird gern darüber diskutiert, wann ein solches Worst-Case-Szenario eintreten könnte. Anfragen dazu, was in einem solchen Fall zu tun sei, hätten sich zuletzt gehäuft, erzählt Christoph Sengstschmid, Geschäftsführer von Otis Österreich und Direktor Sales & Marketing von Otis in Zentraleuropa. Darauf reagiert die Branche.

Daher wurden für den Ernstfall Prozesse erarbeitet, mit denen Fahrgäste aus dem steckengebliebenen Aufzug befreit werden können. Im Herbst gab es für Otis – als erstes Aufzugsunternehmen des Landes – dafür eine eigene Zertifizierung von Quality Austria. Was also passiert, wenn der Strom dauerhaft weg ist und man im Lift feststeckt? "Im Falle eines Blackouts besteht tatsächlich das Risiko, ein paar Stunden festzustecken", sagt Sengstschmid. Rund eine halbe Stunde bleibt Zeit, mittels Notruftaste mit der Zentrale zu kommunizieren, bevor auch diesem Draht zur Außenwelt der Saft ausgeht.

Das Licht wird einem im Fall eines Blackouts in der Kabine zwar nicht ausgehen, weil es batteriegepuffert ist. Es wird allerdings auf dämmrige fünf Lux gedimmt. Einzig die Fahrstuhlmusik wäre sofort weg – aber ob das als Verlust zu werten ist, ist Geschmackssache.

Aufzüge abfahren

Gefahr besteht für die Festsitzenden jedenfalls keine, betont Sengstschmid: "Aber wir raten dringend von Selbsthilfe ab." Stunts, wie man sie eben aus Hollywood kennt, bei denen irgendwie immer irgendwer auf das Dach des Fahrstuhls klettert, sind hierzulande auch gar nicht möglich. "Bei uns haben Aufzüge in aller Regel keinen Deckenausstieg", sagt Sengstschmid. Und auch wenn in Film und Fernsehen Fahrstühle gern in die Tiefe rasseln, ist dieses Szenario aufgrund einer Fangvorrichtung unmöglich, die den Aufzug selbst dann hält, wenn die Seile den Geist aufgeben sollten.

Im Fall eines Blackouts kommen bei Otis Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Zentralen und arbeiten Listen ab, auf denen die vom Unternehmen betreuten Aufzüge nach gewissen Kriterien priorisiert wurden. Wer in einem systemrelevanten und hochfrequentierten Gebäude festsitzt – etwa in einem Krankenhaus –, wird schneller befreit als jemand in einem Wohngebäude.

In dieser Reihenfolge werden dann sämtliche Aufzüge im ganzen Land abgefahren, weshalb die Füllstände der Autotanks für den Ernstfall stets bei mindestens 30 Prozent liegen müssen.

Eine gute Nachricht hat Sengstschmid für klaustrophobisch veranlagte Menschen: "Eine Notbefreiung vor Ort ist immer möglich." Dafür wird bei älteren Modellen vom Profi die Bremse gelüftet, dadurch bewegt sich der Aufzug in das nächste Stockwerk. In moderneren Fahrstühlen gibt es am Steuerkasten eine Fernbedienung, mit der der Aufzug auch bei Stromausfall bewegt werden kann. Nur die Tür muss dann noch manuell geöffnet werden.

Bloß keine Panik

Und dann gibt es auch noch automatische Notbefreiungssysteme, die mittels Batterien betrieben werden und automatisch ausgelöst werden. Der Aufzug fährt dann selbstständig in das nächste Stockwerk und öffnet die Tür, hier ist also kein Profi vor Ort mehr notwendig. Eine Nachrüstung älterer Modelle sei in vielen Fällen möglich.

Damit alles sitzt, wird das Blackout-Szenario regelmäßig geübt, Computer und Handys dafür abgeschaltet. In der Notrufzentrale in Simmering, wo im Fall eines Blackouts zu Beginn noch alle Notrufe aus Liftkabinen im ganzen Land eingehen, bereitet man sich darauf vor, die vielen Anfragen zu priorisieren und abzuarbeiten.

Eine solche Situation wäre "durchaus herausfordernd", sagt Sengstschmid, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter würden die Eingeschlossenen außerdem beruhigen. Damit – anders als in Hollywood – keine Panik aufkommt. (Franziska Zoidl, 8.12.2023)