"Wir wollten immer schon als Großfamilie zusammenleben." Der Meierhof in Ulrichskirchen stellte sich als geeignet für dieses Vorhaben heraus.
Lisi Specht

"Weihnachten feiern wir immer im Stall. Aber nicht wie Josef und Maria. Stall nennen wir unseren Veranstaltungsraum, denn früher wurden hier Schweine gezüchtet. Wir haben ein Schild gefunden. Am 7.7.1977 sind die letzten Ferkel geboren worden. Der Meierhof ist dann lange Zeit leergestanden, bevor wir ihn saniert haben. Zu Weihnachten machen wir eine große Tafel, die ganze Familie kommt zusammen. Bis zu 15 Personen leben hier auf dem Hof. Wir drei Schwestern, teilweise mit Kindern. Und eine weitere, befreundete Familie. Unsere Eltern und die Urmi, so nennen wir unsere Großmutter, sind oft am Wochenende da. Sie haben einen eigenen Wohnbereich im Meierhof.

Wer lebt wo? Der Wegweiser gibt Auskunft. Die Familienwohnungen sind im Neubau untergebracht.
Lisi Specht

Wir wollten immer schon als Großfamilie zusammenleben. Dass wir in Ulrichskirchen im Weinviertel gelandet sind, ist aber Zufall. In Wien haben wir nicht die richtige Immobilie gefunden. Dann habe ich zu meinem Mann Daniel gesagt, okay, wenn es einen verträumten Bauernhof ähnlich einem Vierkanter in Niederösterreich gibt, der mit den Öffis gut an Wien angebunden ist, dann nehmen wir den. Daniel hat schon kurze Zeit später das Inserat entdeckt. Zwar ist der Meierhof ein Dreiseithof und kein Vierkanter, weil es die in unserer Gegend kaum gibt. Aber wir haben uns bald zugetraut, etwas Schönes daraus zu machen. Die ehemaligen Besitzer wohnen im Schloss, das nur wenige Meter entfernt ist. Sie hatten keine Verwendung mehr für den Hof, der 1679 errichtet wurde.

Stefanie und Daniel in ihrer Küche. Die Arbeitsfläche soll leer bleiben.
Lisi Specht

Daniel, unsere zwei Kinder und ich lebten dann schon bald auf der Baustelle. Das muss 2018 gewesen sein. Es war viel zu tun. Die ganze Familie hat mitgeholfen, und viele Freunde haben uns unterstützt. Immer war mindestens ein Bagger da, das hat den Kindern getaugt. Ein Teil des Gebäudes musste abgerissen werden. Der Bereich, wo meine Schwestern und ich jetzt unsere Wohnungen haben, wurde neu errichtet. Jede Wohnung schaut anders aus, jede Familie konnte ihren Stil einbringen. Bei Vicky gibt es Holzboden, bei Andrea Fliesen, und bei mir haben wir geschliffenen Estrich. Unsere Küchen sind alle schwarz, das war aber gar nicht abgesprochen.

Ein Blick auf Teile des Altbestands. Der Badeteich ist das Zentrum des Meierhofs.
Lisi Specht

Für die insgesamt fünf Kinder am Hof ist es am allerschönsten, hier zu leben. Sie gehen in der Früh raus, laufen über die Wiese und schauen, wer schon wach ist. So muss es sich in Bullerbü angefühlt haben. Auch zwei Hunde und ebenso viele Katzen leben hier am Hof. Sonst haben wir keine Tiere, aber Daniel träumt manchmal von Hühnern. Am Wochenende frühstücken wir alle gemeinsam. Irgendwer fragt auf Whatsapp in die Runde, und dann sprechen wir uns kurzfristig ab. Im Sommer verbringen wir gern Zeit am Badeteich, den wir in die Mitte unseres Innenhofs gegraben haben. Die große Rasenfläche rundherum ist auch deshalb so gepflegt, weil wir einen Mähroboter zur Unterstützung angeschafft haben.

Auch wenn wir solche Dinge automatisiert haben, müssen wir uns natürlich dauernd wegen allem Möglichen absprechen: Wer kümmert sich um was? Daniel ist unser Hausmeister, so nennen wir ihn scherzhaft. Er muss manchmal keppeln und teilt die Leute ein. Um uns für die Gartenarbeit zu begeistern, hat er für die Beete heuer Themengebiete ausgerufen. Am Superheldenbeet sind Kürbisse gewachsen, zwischendrin standen Spielfiguren von Ant-Man und Thor.

Im Superheldenbeet wurde Kürbis angepflanzt. Die Themenbeete sollten zur Gartenarbeit motivieren – mit bedingtem Erfolg.
Lisi Specht

Den Stall, unseren Veranstaltungsraum, vermieten wir. Er hat sich zur beliebten Location für Hochzeiten oder runde Geburtstage etabliert. Das freut uns, denn nur wenige haben uns Anfangs zugetraut, dass wir es schaffen, aus dem Meierhof was zu machen. Ihr seid ja verrückt, haben sie zu uns gesagt, der Hof ist viel zu groß. Jetzt ist der Saal für 2024 an den Sommerwochenenden schon so gut wie ausgebucht. Das ganze Dorf profitiert, wir bieten hier Raum für sozialen Austausch. Vor kurzem fand ein Weihnachtsmarkt statt, zu dem Leute aus der ganzen Region gekommen sind.

Der Veranstaltungssaal bietet Platz für 120 Personen. Auch den Hunden taugt's hier.
Lisi Specht

Als Kulturverein wollen wir solche Veranstaltungen weiter vorantreiben, das ist natürlich viel Arbeit, aber mittlerweile teilweise unser Beruf geworden. Auch in Sachen Umbau sind wir noch lange nicht fertig. Wir bauen in einem Hauseck gerade eine Sauna ein. Und dann gibt es noch eine Fläche unter dem Dach, für die wir viele Ideen haben. Ein Teil davon wird einmal zu einem Teenager-Partyraum für unsere Kinder werden, wenn sie dann so weit sind.

Ihr seht, wir denken hier an alle Generationen. Bis jetzt sind wir ohne Mediation ausgekommen und hoffen, das bleibt so. Auch für die Alten ist es schön, wenn immer was los ist. (Rosa Winkler-Hermaden, 24.12.2023)