Frau sitzt auf öffentlicher Toilette
Viele denken, dass sich auf öffentlichen Toiletten besonders viele Erreger tummeln. Aber die Bakterienhotspots sind ganz woanders.
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Es gibt verschiedene Herangehensweisen, um den Ekel auf Clubtoiletten oder Autobahnraststättenklos zu überwinden: Die einen putzen akribisch und bauen dann auf dem Sitz einen mehrschichtigen Turm aus Toilettenpapier. Die anderen entscheiden sich in der Notdurft für die Abfahrtshocke, um unter keinen Umständen mit der Klobrille bzw. den Überbleibseln von Vorgängern und Vorgängerinnen auf ebendieser in Berührung zu kommen. Aber bringen diese vermeintlichen Hygienemaßnahmen wirklich etwas?

"Ja, wenn die Toilette wirklich sichtbar verschmutzt ist, kann man sich dadurch vor möglichen Infektionen schützen", sagt Umweltmediziner Hans-Peter Hutter von der Med-Uni Wien. Aber ein öffentliches Klo, das regelmäßig gereinigt und nicht sichtbar verdreckt ist, ist kein überdurchschnittlich großer Bakterienhotspot.

Die Gefahren liegen woanders: "Interessanterweise denken bei Toiletten aufgrund der sichtbaren Verschmutzung viele direkt daran, dass sie sich hier Erreger einfangen könnten", sagt Hutter. Aber Toiletten seien im Vergleich deutlich weniger problematisch als beispielsweise die Tastatur im Büro oder der Screen vom Tablet, das sich zu Hause die ganze Familie teilt. "Dort ist die bakterielle Besiedelung deutlich höher. Aber bei diesen Gegenständen des Alltags gibt es überhaupt kein Bewusstsein in der Gesellschaft", sagt der Public-Health-Experte.

Womöglich eklig, aber weniger problematisch als angenommen

"Man kann sicherlich nicht sagen, dass die bakterielle Situation auf öffentlichen Toiletten völlig harmlos ist", sagt Hutter, aber das Problem sei längst nicht so groß, wie es viele empfinden. Das liegt vor allem daran, dass die Klobrille – auch wenn man sich hinsetzt – in der Regel keinen direkten Kontakt zum Genitaltrakt hat. Das heißt, selbst wenn sich auf der Toilette viele Krankheitserreger tummeln, sitzen sie nach dem Toilettengang auf der Oberschenkelrückseite.

Fängt man sich tatsächlich etwas ein auf einer öffentlichen Toilette, passiert das über einen ganz anderen Weg. Denn für eine Ansteckung etwa mit Durchfallerregern müssen die Mikroorganismen erst einmal aufgenommen werden. Das passiert, wenn sie zum Mundbereich gelangen – und das geschieht in der Regel, weil die Hände bzw. die Finger kontaminiert sind.

Darum heißt es nach dem Gang auf die Toilette: Hände waschen. "Der gesundheitliche Nutzen von Händewaschen wird leider extrem unterschätzt. Dabei ist bekannt, dass das eine der effektivsten Methoden zur Verhütung von Infektionskrankheiten ist", sagt Hutter. Schließlich sei das Waschbecken der Ort, an dem man sich von Bakterien, Viren und anderen Mikroorganismen befreit. Aber vielen fehle es an Hygienewissen. Dazu komme ineffizientes Hygieneverhalten, Tendenz schlechter werdend.

Händewaschen ist Pflicht

Eine aktuelle Studie der deutschen SRH Hochschule in Heidelberg zeigt nämlich, dass sich heute noch weniger Menschen gewissenhaft die Hände waschen als vor der Pandemie, DER STANDARD berichtete hier. Männer sind da im Schnitt noch schlampiger als Frauen. "Studien, für die anonymisiert die Daten von Überwachungskameras ausgewertet wurden, zeigen, dass Frauen im Schnitt gewissenhafter die Hände waschen als Männer", berichtet Hutter. Und gewissenhaft heißt: mindestens 20 Sekunden lang gründlich die Hände aneinanderreiben und die Fingerkuppen dabei nicht vergessen. Man kennt das ja aus den vergangenen Jahren Pandemie noch ganz gut – zumindest in der Theorie. (poem, 16.11.2023)