Die Opernsängerin Sophie Rennert ist vor rund einem Jahr aus Wien nach München gezogen, wo ihr nur ihre historische Nähmaschine abgeht. Während des Oktoberfests kann es bei ihr ganz schön laut werden.

"Ich habe vor etwas mehr als einem Jahr eine Anstellung am Staatstheater am Gärtnerplatz in München bekommen und relativ schnell eine Wohnung gebraucht. Das ist in München natürlich schwierig, aber ich hatte großes Glück. Ich kam bei der Besichtigung dieser 60 Quadratmeter großen Wohnung rein, sah den Erker im Wohnzimmer und dachte mir: ‚Wow, die ist es!‘ Es hat tatsächlich geklappt. So einen Erker wollte ich immer schon haben – auch weil die Akustik zum Singen hier toll ist.

Mezzosopranistin Sophie Rennert in ihrem Erker, in dem die Akustik zum Singen toll ist.
Mezzosopranistin Sophie Rennert in ihrem Erker, in dem die Akustik zum Singen toll ist.
Edward Beierle

So bin ich im August 2022 mit einem Kastenwagen nach München gezogen. Ich hab versucht, so wenig wie möglich mitzunehmen. Die Wohnung in Wien habe ich weiterhin, aber ich verbringe den Großteil meiner Zeit in München. Hier habe ich mittlerweile alles, was ich brauche – nur meine historische Singer-Nähmaschine aus 1910 geht mir ab. Sie steht in Wien, und ich liebe sie sehr.

Aber dadurch, dass ich so viel unterwegs bin, habe ich gelernt, mich überall zu Hause zu fühlen. Ich finde immer Wege, mich wohnlich einzurichten. Bei mir funktioniert das zum Beispiel über Pflanzen – wobei ich an meinem grünen Daumen noch arbeiten muss. Immer wenn mein Mann hier ist, muss er erst mal Pflanzen aufpäppeln. Zwei von ihnen haben den Sommer nicht gut überstanden, sie sind gerade im Schlafzimmer zum Nachsitzen.

Das Bild über der Couch ist eine Hommage an den verstorbenen Vater.
Das Bild über der Couch ist eine Hommage an den verstorbenen Vater.
Edward Beierle

Eine andere Methode, mich wohnlich einzurichten, sind meine Bilder. Das über dem Sofa ist eine Hommage an meinen verstorbenen Vater. Und das Bild beim Esstisch war ein Experiment, weil ich etwas mit Gips machen wollte. Und dann nehme ich immer überall meine elektrische Mokkakaffeemaschine mit. Wenn ich wo zum ersten Mal reinkomm und mich noch nicht ganz wohlfühle, mach ich mir einen Kaffee. Das ist mein Ritual.

Aus Alt mach Neu – so lässt sich mein Einrichtungsstil zusammenfassen. Ich hab viele alte Möbel, etwa die Essgarnitur von der Großtante meiner Mutter. Oder den Nähtisch, den man zusammenklappen kann und in dem Schnittmuster Platz haben. Ich habe ihn vor einigen Monaten secondhand gekauft, und er ist meine Errungenschaft des Jahres.

Die Balkonmöbel hat Sophie Rennert selbst gemacht.
Die Balkonmöbel hat Sophie Rennert selbst gemacht. Krimskrams ist ihr beim Wohnen wichtig.
Edward Beierle

Mein Bett ist aus Pappe. Es kann zusammengefaltet und recycelt werden. Ich weiß ja nie, wie lange ich an einem Ort bleibe. Der Balkon ist ein wenig ungewöhnlich geschnitten, daher hab ich die Loungemöbel selbst ausgetüftelt. Mir hat Upcycling schon immer getaugt. Meine Oma war Schneiderin, und mein Papa hat gern gebastelt, ein bisserl was hab ich also schon mitbekommen. Vieles hab ich mir aber durch Trial und Error angeeignet – sehr viel Error. Die weniger gelungenen Experimente stehen im Schrank, ganz weit hinten.

Abends sitze ich gern im Halbdunkel in meinem Erkerstuhl und schau hinunter. Das ist derzeit natürlich ganz besonders spannend, weil ich in der Nähe der Theresienwiese wohne und das Oktoberfest live mitbekomme. Heute ist es erstaunlich ruhig, an den Wochenenden kann es aber auch lauter werden.

Die Essgarnitur hatte schon die Großtante in Verwendung. Das Bett ist aus Pappe.
Die Essgarnitur hatte schon die Großtante in Verwendung. Das Bett ist aus Pappe.
Edward Beierle

Ich hab für kürzere Engagements schon in sehr vielen Künstlerwohnungen gelebt, die meistens fertig eingerichtet sind. Ich weiß daher, mit welchem Wohnstil ich nichts anfangen kann. Minimalismus respektiere ich zum Beispiel sehr, aber ich tu mir schwer damit. Ich brauche mein zusammengesammeltes Zeug auf Fensterbänken, es stammt von Flohmärkten oder wurde mir geschenkt.

Wenn ich ganz verrückt träumen dürfte, dann hätte ich gern extrem viel Platz beim Wohnen – und für jede Funktion einen eigenen Raum. Also ein Musikzimmer, eine Bibliothek, eine große Küche, ein Nähzimmer, ein Atelier. Wo, das wäre nebensächlich. Aber nicht auf dem Land. Ich mag kleine Großstädte wie München und Wien schon sehr gern.

In meiner Wohnung verändert sich ständig etwas. Da lass ich mich gern inspirieren, entweder bei Freunden oder auf Instagram. Und irgendwann wird es mich dann wieder weiterziehen. Wenn es so weit ist, werde ich es sicher merken." (2.10.2023)