Zwei junge Menschen blasen zwei Luftballons aus und wirken dabei außer Atem.
Strengt man sich einmal ein bisschen an, geht so manchen schnell die Luft aus. Ein Grund dafür kann sein, dass der Oberkörper zu starr ist, die Lunge kann sich nicht genügend ausdehnen, um ihre volle Kapazität auszuschöpfen.
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Man geht die Stiegen rauf, unterhält sich dabei – und muss, oben angekommen, ziemlich nach Luft schnappen. Oder man läuft dem Bus nach und japst danach nach Luft wie ein zu dicker Mops. Und das Lauftraining ist einfach nicht effizient, weil man nach Luft ringt und krebsrot wird, sobald man einmal einen Zahn zulegt. Der erste Gedanke ist dann oft: Mit meiner Lunge stimmt was nicht. Doch die Lunge ist ein Organ, das prinzipiell überdimensioniert ist, weil es auf Höchstleistungen ausgelegt ist, weiß der Sportmediziner Robert Fritz. Es kann also viel mehr Leistung erbringen, als wir üblicherweise im Alltag abrufen. Warum können so viele diese Kapazität dann aber nicht ausschöpfen, warum bleibt ihnen buchstäblich die Luft weg? Und was kann man dagegen tun?

Der Gedanke, dass etwas mit der Lunge nicht stimmt, ist bei Kurzatmigkeit prinzipiell ein wichtiger Ansatz. In sehr vielen Fällen ist aber nicht die Lunge selbst das Problem, sondern der Durchmesser der Atemwege. Sind diese verengt, gelangt weniger Luft durch die Bronchien, und die Lunge kann über einen längeren Zeitraum nicht ihr volles Volumen ausschöpfen. "Das kann man sich ähnlich vorstellen wie bei einem Abflussrohr in der Badewanne", erklärt Arschang Valipour, Leiter der Inneren Medizin und der Pneumologie an der Wiener Klinik Floridsdorf. "Ist das recht schmal, geht nicht viel Wasser durch, es dauert umso länger, bis die Badewanne leer ist."

Gleiche Belastung, weniger Leistung

Aufmerksam sollte man spätestens dann werden, wenn man an seinem Verhalten nichts ändert, aber die Leistungsfähigkeit merklich sinkt. Valipour führt aus: "Wenn man Aktivitäten, die für einen an sich normal sind, auf einmal nicht mehr in gewohnter Weise erbringen kann, sollte man sich durchchecken lassen. Das kann sein, dass man beim Sport nicht mehr die gewohnte Leistung erbringen kann, oder man bekommt selbst bei einfachen Aktivitäten wie beim Treppensteigen nicht mehr genug Luft. Auch wiederkehrender Husten bei saisonaler Allergie oder pfeifende Atemgeräusche sind verdächtige Symptome."

Dann ist ein fachärztlicher Lungencheck angesagt. Sind die Atemwege verengt, kann das ein Hinweis auf Asthma oder die chronisch obstruktive Lungenerkrankung COPD sein. Immerhin 15 Prozent aller Menschen in Österreich sind von einer dieser Krankheiten betroffen. COPD soll sogar jede fünfte Person über 40 betreffen, wie die Sozialversicherung berichtet. Viele wissen dabei nichts von ihrer Erkrankung, die sich schleichend entwickelt und deshalb oft lange unentdeckt bleibt. "Unter Ruhebedingungen wird eine Einschränkung der Lungenkapazität meist nicht bemerkt. Deshalb demaskiert sich etwa eine Frühform von COPD oftmals nur unter Belastung."

Es gibt aber noch andere Gründe für eine eingeschränkte Lungenfunktion. Personen, die Frühgeburten waren oder in den ersten sechs Lebensjahren häufig Infektionen mit Beteiligung der Lunge hatten, haben potenziell eine nicht so gut entwickelte Lunge. Ein weiterer Risikofaktor ist natürlich das Rauchen. Aber auch wenn man Passivrauch ausgesetzt ist oder beruflich regelmäßig mit Schadstoffen in Kontakt kommt, wie etwa Autolackierer, Tapeziererinnen oder Menschen, die viel im Straßenverkehr unterwegs sind, ist man gefährdet, Atemprobleme zu entwickeln. Um hier frühzeitig eingreifen zu können, pocht Valipour auf eine regelmäßige Messung der Lungenfunktion, idealerweise im Zuge der Gesundenuntersuchung.

Je früher man nämlich eine Krankheit diagnostiziert, desto besser kann man sie behandeln. "Asthma ist zwar nicht heilbar, aber mit der richtigen Therapie kann man es aufhalten, sodass es sich nicht mehr verschlechtert. Dann ist es für die meisten auch keine Belastung mehr im Alltag", berichtet der Pneumologe aus der Praxis. Auch für COPD-Betroffene gibt es mittlerweile gute Therapien. Zwar ist die Krankheit immer noch nicht heilbar, aber man kann eine Verschlechterung hintanhalten und sogar die Leistungsfähigkeit wieder verbessern.

Verspanntes Zwerchfell

Aber was ist mit all den Menschen, die glücklicherweise kein Asthma, COPD oder ein anderes Lungenproblem haben – und trotzdem schnell außer Atem kommen? Bei denen ist in den allermeisten Fällen auch tatsächlich nicht die Lunge das Problem, weiß Sportmediziner Robert Fritz. Es könnte bei ihnen das Lungenvolumen reduziert sein. Aber das liegt dann nicht an der Lunge selbst, sondern an der sie umgebenden Struktur. Muskeln, Rippen und Zwerchfell sind durch zu wenig Training unbeweglich oder sogar verspannt, die Lunge hat einfach nicht genügend Raum, um sich so auszudehnen, dass sie ihre volle Kapazität ausschöpfen kann.

"Zu wenig Beweglichkeit, zu viel Sitzen und insgesamt zu wenig Training engen die Lunge ein", erklärt Fritz. "Strengt man sich an, braucht man mehr Sauerstoff. Den würde man prinzipiell bekommen, wenn sich die Lunge ausdehnen könnte. Aber sie sitzt eben in diesem engen Korsett, das sich nicht wirklich öffnet." Das kann man ändern mit Dehnungs- und Atemübungen und auch mit Kräftigungsübungen. Der Experte weiß: "Verspannungen sind in den meisten Fällen ein Zeichen dafür, dass die Muskulatur nicht stark genug ist. Durch schlechte Haltung wird sie dauerhaft belastet, irgendwann ist der Muskel so überlastet, dass er verkrampft. Dann muss man lockern und kräftigen. Es gibt Physiotherapeuten, die genau auf die Lockerung des Zwerchfells und das Erlernen der Bauchatmung spezialisiert sind."

Und natürlich ist der Körper auch nicht so leistungsfähig, wenn er nie gefordert wird. Einfach mehr bewegen und trainieren ist aber nur bedingt die richtige Antwort. Sportmediziner Fritz weiß aus vielen Jahren Erfahrung, in denen er Sportlerinnen und Sportler begleitet hat: "Viele sind beim Trainingsstart hochmotiviert und machen dann zu schnell zu viel." Deshalb sollte man lieber einen Schritt zurücktreten und mit wenig Ausdauerbewegung beginnen, etwa 30 Minuten, dies dafür aber langsam und regelmäßig alle zwei bis drei Tage. 

Eisen im Check

Und noch einen Grund gibt es für Atemnot und Müdigkeit, der oft übersehen wird: Eisenmangel. Dieser betrifft besonders häufig Frauen, da sie durch die Regelblutung regelmäßig Blut – und damit auch Eisen – verlieren. "Eisen ist aber essenziell für den Sauerstofftransport im Blut. Ist zu wenig davon vorhanden, kann einfach nicht ausreichend Sauerstoff verteilt werden, die Leistung sinkt", weiß Fritz.

Dieser Faktor wird aber oft nicht berücksichtigt, vor allem auch deshalb, weil die Grenzwerte sehr unterschiedlich definiert werden. Je nach Labor und Diagnose kann sich die Ferritin-Untergrenze – das ist ein Eiweiß, das für die Speicherung von Eisen im Körper verantwortlich ist, je niedriger sein Wert ist, desto weniger von dem Spurenelement ist vorhanden – unterscheiden. Manche geben eine kritische Untergrenze von 30 an, andere weisen erst bei einem Ferritin-Wert von sieben auf einen Mangel hin. Fritz setzt noch deutlich höher an: "In der Sportmedizin will man einen Ferritin-Wert zwischen 70 und 100 haben, weil sonst die Leistungsfähigkeit leiden kann." Er empfiehlt deshalb, bei Beschwerden den Ferritin-Wert ein- oder zweimal im Jahr bestimmen zu lassen. Ist dieser niedrig, fühlt man sich außerdem oft müde und schlapp und schafft es trotz Trainings nicht, seine eigene Leistung zu steigern, dann sollte man über Eisensubstitution nachdenken. (Pia Kruckenhauser, 27.6.2023)