Übernimmt eine Partei bei neun Prozent und hofft dennoch, Bürgermeisterin zu werden: Doris Kampus.

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Sie ist die nächste, die eine beispiellose Talfahrt stoppen soll: Seit Samstag steht Doris Kampus als neue Chefin der Grazer SPÖ fest. Die Soziallandesrätin übernimmt die Führung von Michael Ehmann.

Die Kür war ein Novum: Erstmals hatten die 2500 Parteimitglieder per Direktwahl die Entscheidung in der Hand. Gegenkandidatin oder Gegenkandidaten gab es allerdings nicht, also sorgte lediglich das Ausmaß der Zustimmung für Spannung. Letztlich erreichte Kampus 91 Prozent von 1012 abgegebenen Stimmen, ergibt eine Beteiligung von 40 Prozent.

In puncto Bedeutung ist die sozialdemokratische Stadtpartei in der zweitgrößten Metropole Österreich kein bisschen mehr mit ihrem Wiener Pendant vergleichbar. Lag die SPÖ 1998 unter dem damaligen Bürgermeister Alfred Stingl noch bei 30 Prozent, kam sie 2021 nach endlosen internen Streitereien bei 9,1 Prozent an.

Kühnes Ziel

Trotzdem gibt Kampus die Rückeroberung des Rathauses als Ziel aus: Sie sei gekommen, um zu bleiben – und Bürgermeisterin zu werden. An der aktuellen Amtsinhaberin, Elke Kahr von KPÖ, rieb sich die Herausforderin denn auch gleich kräftig. Sie habe große Sorge, weil die Führungsriege die Stadt zu einem Sozialverein verkommen lassen, sagte Kampus laut ORF.at Steiermark. Graz drohe, seine Rolle als wichtige Drehscheibe für Südost zu verspielen und als Wirtschaftsstandort an Bedeutung zu verlieren.

Künftig werde die SPÖ als Kraft der Mitte wieder an Seiten der arbeitenden Menschen stehen, verspricht die neue Vorsitzende und schickte eine Entschuldigung nach: "Wir haben in den letzten Jahren Politik ohne euch gemacht." (Gerald John, 4.3.2023)